KAOS, eine Liebeserklärung… von Yule Post

,,Wir wollen unsere Erfahrungen in KAOS mit euch teilen, weil wir zeigen können, dass Teilen funktioniert.“

Yule ist 23 und arbeitete vor ungefähr einem Jahr als Praktikantin in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei KAOS. Bevor sie nach Berlin kam, war sie drei Jahre unterwegs. Zwei davon lebte sie in Australien, beschäftigte sich dort mit ihren Zeichnungen und Musik und studierte. Bei Kunst und Musik blieb sie auch: Was mit unregelmäßigen Jam-Sessions von ein paar KAOTEN*INNEN begann, führte später zur Gründung der Band Achso. Ende Juni wird die erste EP  veröffentlicht, die bereits auf Soundcloud zu hören ist.
Im Interview erzählt sie von ihrer Liebe zu KAOS, den KAOTEN*INNEN und der Freiheit groß zu denken und zu schaffen.

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Eine gute Frage an die Leute im KAOS ist ja immer: Was baust du gerade? Oder in welchem Projekt befindest du dich?  Also ich bin ja eigentlich nur ein „stilles Mitglied“, bin aber öfter da und hüpfe hier rum. Meistens zu Bandproben. Die sind, wenn es gut läuft, zweimal die Woche. Und diese Band hat sich in meiner damaligen Praktikantenzeit zusammengefunden. Eigentlich ist sie aus spontanen „Küchensessions“ entstanden, bei denen meist Jascha, oder Nikola die Gitarre in der Hand hatten und wir dann zusammen drauflos musiziert haben. Wir sind insgesamt fünf Musiker: Nicola, der hier die Kanus baut, Jascha, unser Häuptling (lacht) und die zwei Brüder Mehyar und Aala, die vor ca. zwei Jahren zu KAOS gekommen sind ..und ich. Ja, das ist so das Hauptprojekt für mich im KAOS. Ansonsten fertige ich großflächige Zeichnungen an. „Körperknoten“, nenn ich die und baue ab und an irgendwelche Sachen. Die Ideen entstehen oft hier in der Halle oder draußen auf der Terrasse. Die Vollstreckung meiner Sachen, bis auf die Band-Sachen, finden meistens zu Hause statt, weil ich da doch meine kleine Box brauche, in die ich mich verkrieche. Sobald es aber mal was Größeres sein soll kann ich immer mit den Kaot*innen reden, um hier zu arbeiten, wenns zu Hause etwas einsam wird oder es an Platz mangelt – das ist echt super!

Körperknoten, Yule Post

Was war das Skurrilste, was du im KAOS erlebt hast?

 Also es ist nicht skurril im negativen Sinne, aber skurril im Sinne von, „das hätte ich tatsächlich nicht erwartet“ – zwei Sachen.

Am Tag, als ich mich hier beworben habe, treffe ich einen alten Schulfreund in der Küche im KAOS, den ich seit über 3 Jahren nicht gesprochen hatte und der zufällig nur zwei Wochen zuvor ein Praktikum hier angefangen hat…Und dann hab ich mich verliebt im KAOS. Also nicht nur ins KAOS, sondern in jemanden im KAOS und das ist richtig wundervoll…

Ich glaube was mich aber am meisten verwundert hat, oder am Skurrilsten für mich war, ist, dass ich ohne es zu merken, angefangen habe ganz anders zu denken. Ich habe meine Ziele und Träume nicht fallen gelassen, sondern mich etwas fallen lassen können und dadurch angefangen ganz anders an meine Arbeit heranzugehen – Ich denke nicht mehr in Boxen – ich will nur noch ab und an hineinkriechen um dann mit etwas richtig Gutem wieder rauskommen und loslegen. Und naja, skurril… Es sind so die kleinen Momente und Ideen die geschmiedet werden, denn es passieren eigentlich fast täglich ziemlich verrückte Sachen hier.

Gab es einen Moment, indem ein Projekt oder ein Stück entstanden ist, das dich überzeugt hat dranzubleiben und professionell weiterzumachen? Naja, das mit der Musik war während meines Praktikums. Da gab es immer wieder Momente, in denen wir in der Küche, oder im Café Musik gemacht haben… Da gab es einen Abend, an dem wir zu fünfzehnt, oder so in der Küche saßen und auf den Aufbruch zu einer Party warteten. Wir haben Musik gemacht, getrunken und ich habe aus meinen alten Tagebüchern Texte zusammengereimt und gesungen. Normalerweise, wenn man merkt, dass es Spaß macht und sich gut anhört, fängt man an sich im Raum umzugucken oder auszuchecken, ob es den Anderen auch so Spaß macht wie einem selbst…

Bei diesem Mal war es aber so stimmig, dass ich kein einziges Mal in der Gegend rumgeguckt habe- es hat sich einfach gut angefühlt. Danach in die grinsenden Gesichter zu schauen und Applaus zu bekommen, hat mich fühlen lassen, als hätten wir gerade ein Konzert vor riesigem Publikum gegeben- das war super schön. Ab diesem Zeitpunkt waren wir, glaube ich, verknallt in das, was wir machen und haben gemerkt, dass da was zwischen uns richtig gut funktioniert! Zu wissen, dass es keinen Applaus braucht, weil es sich schlicht weg gut anfühlt und dann als Sahnehäubchen obendrauf noch ein gutes Feedback zu bekommen hat uns klargemacht, dass wir auf jeden Fall weitermachen wollen – und müssen! Diese Situation, und ähnliche Momente hier, haben mir nochmal den Push gegeben mich auf jeden Fall weiter mit der Musik zu beschäftigen, ob Solo – oder im Team.

Wer war die Person, die dich am Meisten beeindruckt oder geprägt hat? Die gibt’s nicht. Es gibt keine Einzelperson. Es ist der komplette Haufen. Ich kann jetzt nicht sagen, dass es da so EINE Person gab…Okay gut, in David habe ich mich verliebt, aber das zählt jetzt mal nicht. (lacht) Ich wollte einfach jeden kennenlernen und habe mich irgendwie von jedem auf irgendeine Art faszinieren lassen. Das Kollektiv als solches hat mich verzaubert. Jede*r einzelne hat mich neugierig gemacht.

Warum ist KAOS ein guter Ort für Kreativität? Als ich das erste Mal vor Ort war, war ich fasziniert von der Location. Ich musste sofort an das Haus von Pippi Langstrumpf denken und dachte: „Geil, hier kann man bestimmt voll gut das Spiel „Man darf den Boden nicht berühren“ spielen!“

Es ist ein Arbeitsplatz, kein Spielplatz, schon klar, aber das arbeiten fühlt sich hier gut an und einfach anders, als an anderen Orten.

Es ist ein Ort, der sich vom strukturierten 9 to 5 Arbeitstag abwendet und durch die verschiedensten Leute, die hier herumwuseln und ihr Ding machen, wird gezeigt, dass es auch einfach anders funktioniert.

Hinzu kommt das Gebäude selbst. Die hohen Decken, massiven Stahlträger, die einzelnen Ebenen und Räume – Ganz einfach der viele Platz,  indem sich das Chaos von jedem einzelnen zusammenfindet und täglich verändern kann. Ja, ich weiß auch nicht, das alles regt einen zum anders Denken und vielleicht sogar zum Träumen an. Größer und spielerischer vielleicht, das ist es – und wenn man soviel Platz hat, dann kann man auch über sich hinaus wachsen.

Du auch? Ja, ich habe zum Beispiel immer gern gesungen und auch getanzt, aber nicht wirklich professionell. Neulich habe ich ein Lied geschrieben und sitze gleichzeitig an einer Bewerbungsmappe für ein Kunststudium. Dann dachte ich, ich verbinde alles und tanze einfach zu meinem Lied und mache ein Video dazu. Also habe ich gefragt ob ich das Café nutzen kann und Philipp und David um Hilfe gebeten. Ich hatte somit die Motivation, die Mittel und die Unterstützung das umzusetzen. Also die schnelle Idee zu vollstrecken. (lacht) So bin ich über meinen eigenen Schatten gesprungen… oder getanzt, habs gemacht und dadurch gemerkt, dass ich das weiterverfolgen will. Das Feedback meiner Freunde hier, zu dem was ich bisher gezeigt habe, ist ein unglaublicher Push für mich, weil es einfach gut tut, hier in diesem Haufen was zu machen. Ich glaube, das haben hier viele und können viele haben.

Wenn man nicht nur vor sich selbst keine Scham hat, sondern auch von anderen lernt keine Scham haben zu müssen, dann ist man frei sich auszuprobieren und zu kollaborieren… Das ist das Privileg vom KAOS. Außerdem lernst du von deinen Freunden und teilst dich einander mit- und das ist viel produktiver und schöner, als auf irgendwelchen Blogs „How to …“ einzugeben und sich klug zu lesen.

Barierrefreies Kreativsein also. Ja, hammer geil – oder? Man muss es dann halt nur noch machen! (lacht)

„Biography“:

Yule Post is an interdisciplinary artist and musician based in Berlin.
Her work is intimate and personal. Her current focus tries not to be focused at all.
No specific styles, mediums or themes are favoured in order to facilitate pure creative freedom and to touch and enhance the playfulness that lies in between that.

 

Yule on Soundcloud

Achso on Soundcloud